Das ist ein Artikel vom Top-Thema:
Projektvorstellung

Röntgentechnik für Landwirte: Silomais auf Fremdkörper durchleuchten

Metall-Fremdkörper sind gefährlich: Ein Verfahren für die Detektion von nicht magnetischen Fremdkörpern wurde entwickelt, das auf Röntgentechnik beruht. Doch es ist noch nicht praxisreif.
Joelle Claußen, Mareike Weule, André Berghaus, Sebastian Burkhart, Patrick Noack, Hochschule Weihenstephan Triesdorf
am Sonntag, 26.11.2023 - 07:18

Feldhäcksler sind bei der Silomaisernte besonders gefährdet: Mit Röntgentechnik will man gegen Fremdkörper bei der Maisernte ankommen.

Bei den Versuchen in einer Röntgenkabine im Jahr 2022 waren kleine Fremdkörper gut auf den Röntgenbildern erkennbar, die im simulierten Feldhäcksler-Einzug aufgenommen wurden.

Eindringende Fremdkörper im Erntegut können die Maschine erheblich beschädigen, den Fahrer oder Personen in der Umgebung verletzen und im Futter die Tiergesundheit beeinträchtigen. Magnetische Gegenstände (Stahl / Eisen) können gut und mit relativ geringem Aufwand mit Sensoren erfasst werden, nicht-magnetische Gegenstände wie Edelstahl (V2A) jedoch nicht.

In den vergangenen Jahren haben vor allem Edelstahlteile in ganz Deutschland wiederholt erhebliche Schäden an Feldhäckslern verursacht. Vor diesem Hintergrund haben das Fraunhofer-Entwicklungszentrum Röntgentechnik (EZRT), die Maschinenfabrik Bernard Krone und die Hochschule Weihenstephan-Triesdorf ein Verfahren für die Detektion von nicht magnetischen Fremdkörpern entwickelt, das auf Röntgentechnik beruht.

Landwirte von mehr Vorfällen und gestiegenen Schadenssummen betroffen

Ursprung des Projekts waren wiederkehrende Berichte über das zunehmende Auftreten von Fremdkörpern in Maisbeständen an das Fachzentrum für Energie- und Landtechnik in Triesdorf. Sowohl die Anzahl der Vorfälle als auch die Schadenssumme war in den Jahren 2012 bis 2016 sprunghaft angestiegen.

Die Schäden wurden dabei zum überwiegenden Teil (mehr als 75 %) durch Edelstahl verursacht. Die durchschnittliche Schadenshöhe lag dabei im Bereich von 10 000 €.

Vorversuche mit Radartechnik durch die Hochschule Weihenstephan-Triesdorf und des DLR (Deutsches Zentrum für Luft- und Raumfahrtechnik) hatten gezeigt, dass diese Technologie nicht geeignet ist um Fremdkörper vor dem Erntefahrzeug sicher zu erkennen. Aus verschiedenen Expertengesprächen ergab sich die Idee die Fremdkörper mit Hilfe von Röntgentechnik im Fahrzeug zu detektieren. Seit dem Jahr 2021 arbeitet ein Konsortium aus dem Fraunhofer-Entwicklungszentrum Röntgentechnik (EZRT), der Maschinenfabrik Bernard Krone und der Hochschule Weihenstephan-Triesdorf an einem entsprechenden Projekt, das von der Rentenbank gefördert wird.

Erste Versuche in einer Röntgenkabine im Jahr 2022 lieferten vielversprechende Ergebnisse. Auf den Röntgenbildern, die in einem simulierten Feldhäcksler-Einzug aufgenommen wurden, waren auch kleine Fremdkörper mit dem Auge gut erkennbar. Auch mit Mitteln der automatischen Bildverarbeitung konnten in den Maisstapel eingebrachte Nägel und andere Fremdkörper sicher detektiert werden. Die automatische Detektion ist die Grundlage für das Stoppen der Einzugs- und Häckselorgane.

Fremdkörper in nur einer Zehntelsekunde erkannt

Im Sommer 2023 erfolgte – weltweit erstmalig – ein Feldversuch mit einem im Erntefahrzeug integrierten Röntgengerät, das zwischen dem Erntevorsatz und der Häckseltrommel eingebaut war. Der Umbau des Systems erfolgte bei und mit Unterstützung der Firma Igl Agrartechnik in Nabburg. Bei den Feldversuchen konnten alle zuvor im Maisbestand „versteckten“ Fremdkörper (Nägel und Schauben) in weniger als einer Zehntelsekunde durch das System erkannt werden. Diese Zeit würde ausreichen, um den Einzug und die Häckseltrommel im Ernstfall zu stoppen.

Auch wenn das Projekt im Ergebnis ein voller Erfolg ist, sind bis zur Serienreife noch einige Hindernisse aus dem Weg zu räumen. Die aktuell eingesetzte Röntgentechnik lässt aufgrund des hohen Preises einen wirtschaftlichen Einsatz des Systems fraglich erscheinen. Es wird jedoch erwartet, dass auch günstigere Röntgensysteme die Fremdkörper im Maispaket des Einzugs erkennen können.

Größte Hürde für Landwirte ist die Zulassung der Röntgenanlage im Fahrzeug

Die größte Hürde stellen die Zulassung und der Betrieb der Röntgenanlagen in einem Fahrzeug dar. Obwohl die nach außen und die Fahrerkabine gelangenden Strahlung sehr schwach und eine sehr geringe Gefährdung von Personen zu erwarten ist, sind die Anforderungen an den Betrieb mobiler Röntgenanlagen sehr hoch und werden je nach Bundesland verschieden gehandhabt. Ohne eine Anpassung der gesetzlichen Vorgaben an die in der Praxis geringe Belastung und die Harmonisierung der gesetzlichen Grundlagen wird die vielversprechende Technologie Röntgen wohl nie zum Schutz von Mensch und Tier in Landmaschinen eingesetzt werden können.

* Pflichtfeld. Mit der Anmeldung für den Newsletter haben Sie den Hinweis auf die Datenschutzhinweise zur Kenntnis genommen. Sie erhalten den Wochenblatt-Newsletter bis auf Widerruf. Sie können den Newsletter jederzeit über einen Link im Newsletter abbestellen.